Zeitlos glücklich

Wir Menschen haben die interessante Eigenart, unsere Beziehung zu Werkzeugen, die uns eigentlich dienen sollen, umzukehren. So geschieht es sowohl mit alltäglichen Hilfsmitteln, wie dem Smartphone, als auch mit ganzen Systemen, wie der Wirtschaft oder der Politik. Es geht nicht mehr darum, dass dieses vom Menschen Erschaffene dem Menschen dient, sondern wir Menschen werden zum Diener. Wir checken minütlich das Display des Smartphones, werfen wiederholte - zum Teil sinnlose - Blicke auf die Uhr oder geben unsere letzte Kraft (und damit zum Teil auch unsere Gesundheit), um die Wirtschaft oder das Unternehmen, in dem wir dienen, zu erhalten.


Effektivität oder Seele?

Haben Sie sich im Alltag bereits dabei ertappt, dass sie ungeduldig und gestresst auf die Uhr schauen, aber gar nicht wissen wieso? Weil eigentlich gar kein dringender Termin ansteht? Müssen Sie sogar das Wochenende genau durchplanen? Vielleicht sind Sie ein Diener Ihrer Armbanduhr geworden. Sie tragen keine Armbanduhr? Keine Sorge, auch die Küchenuhr und die eingebaute Uhr am Smartphone können zum gleichen Phänomen führen. Stellen Sie sich vor, Sie lieben es, zu kochen. Aber anstatt das Kochen zu genießen, schauen Sie permanent auf die Uhr: Wie lange muss ich noch kochen? Wann soll das Essen spätestens fertig werden? Was könnte ich noch erledigen, wenn ich doch fünf Minuten früher fertig wäre? Natürlich, es ist unbestritten, dass eine Uhr etwas enorm Praktisches ist. Wir können uns zeitlich koordinieren, können planen und bestimmte Dinge sehr effektiv erledigen. Doch am Wochenende geht es nicht um Effektivität, es geht um die Seele, die Erholung, die Ruhe, den Genuss. Und diese bleiben definitiv auf der Strecke, wenn die Uhr unsere Zeit diktiert.


Das Experiment

Es war ein Wochenende, wie jedes andere. Die Familie aß gemeinsam, ging spazieren, es wurde geratscht, gekocht, geputzt, gespielt - von außen gesehen hatte sich nichts verändert, aber doch war alles anders. Es fühlte sich anders an. Es war so ruhig, man fühlte sich - egal, was man tat - total bei der Sache, erlebte die Momente intensiver. Zugegeben, man aß etwas später als sonst, kam nach dem Spaziergang erst im Dunkeln zu Hause an, aber die Lebensqualität hatte sich nur positiv verändert. Was war der Unterschied? Die Familie hatte alle Uhren weggesperrt und ein zeitloses Wochenende verbracht. Zeitlos glücklich! Das Experiment war so einfach wie erschütternd. Sind wir so stark geprägt von diesem Zeiger, der sich im Kreis dreht? Wie würden wir leben, wenn wir keine Uhren hätten? Wie würden wir uns fühlen? Was verändert sich eigentlich genau in unserem Bewusstsein, dass alles so anders, so intensiv, so lebendig erscheint?


In der Zukunft statt im Jetzt

Unser Verstand ist ein tolles Wunderwerk. Ich kann hier sitzen beim Abendessen mit meiner Familie und kann in meinen Gedanken so weit weg sein, dass ich die Akten auf meinem Schreibtisch regelrecht rieche, die Tätigkeiten bildhaft vor meinem inneren Auge ablaufen, die ich zu erledigen habe. Oder andersrum: ich kann vor meinem Bildschirm sitzen und mir genau vorstellen, wie ich in meinem Garten im Blumenbeet knie, meine Hände in der feuchten, schwarzen Erde, ihren Geruch in der Nase. Es ist beeindruckend, was unser Gehirn alles vermag, doch die Sache hat einen Haken. Mein Erleben findet nicht in meinem Kopf statt, denn ich erlebe als ganzer Mensch. So bin ich nicht beim Abendessen, genieße das Abendessen nicht, wenn ich mit meinen Gedanken ganz woanders bin und ich bin auch nicht an meinem Arbeitsplatz und genieße meine Erfolge nicht, wenn ich ganz woanders bin. Was hat das nun mit Uhren zu tun? Die Uhr bringt das Wunder zustande, unser Erleben in die Zukunft zu verlagern. Wir schauen auf die Uhr und denken an die Zukunft. Es ist aber, wie vorhin schon beschrieben, nicht so, dass wir nur an die Zukunft denken. Unser Verstand katapultiert uns regelrecht dorthin. In der Zukunft sind aber nur Gedanken möglich, kein Genuss, keine Erfüllung von Bedürfnissen, kein sinnliches Erleben, sondern nur die Gedanken daran. Mit der Nebenwirkung, dass der Genuss, die Erfüllung von Bedürfnissen und das sinnliche Erleben des Moments verschwindet - ich bin ja in der Zukunft. Wenn ich zum Beispiel beim Essen sitze und an etwas anderes denke, verschwindet zwar Materie in meinem Körper, aber der Geschmack, der Genuss findet nicht statt.


Zeitlos glücklich

Was kann der Blick auf die Uhr noch in mir auslösen? Er bringt mich nicht nur in die Zukunft, er bringt mich auch in ein rationales Ergebnisdenken. Was zählt, ist das Ergebnis und nicht der Weg. Ich bin also einerseits auch wieder in der Zukunft, nämlich beim Resultat, andererseits entferne ich mich innerlich von der Tätigkeit, die Tätigkeit wird etwas Abstraktes. Es geht mehr darum, was ich tue, als wie ich mich dabei fühle, wie es sich anfühlt. Für das Resultat zählen dann auch die Gefühle und die anderen Menschen nicht und dadurch geht mein lebendiges Empfinden, natürliches, soziales Reagieren auf mein Umfeld verloren. Die Priorität wandert wieder hin zur Effektivität und weg von den Menschen und den menschlichen Bedürfnissen. In Zeiten, in denen diese Effektivität nicht mein Ziel ist, in denen es mir um das Leben geht, um das Erleben und das Menschsein, kann es also durchaus spannend sein, das Experiment zu wagen und die Uhr - zumindest zeitweise - aus meinem Leben zu verbannen. Wie ist das Leben ohne die Zeit? Bringt es mich den Menschen näher? Bringt es mich mir selbst näher? Werde auch ich zeitlos glücklich?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

 

 

 

 Telefon

Erreichbar von 09:00 - 17:00 Uhr:

 

08362 - 93968-25

-> jetzt Termin vereinbaren

 

 

 

 E-Mail

Schreibe uns gerne eine E-Mail:

info@burn-on-seminare.de
-> zum Kontaktformular

 

 

 

 Adresse
Im wunderschönen Allgäu:

Burn-on-Seminare GbR
Drehergasse 3, 87629 Füssen